Die kleinen Plutomonde
 
 

Am 15. Juni 2005, 27 Jahre nach der Entdeckung des Plutomondes Charon, entdeckte Max Mutchler
vom Hubble Space Telescope Pluto Companion Search Team bei der Untersuchung zweier Aufnahmen,
die das Weltraumteleskop Hubble einen Monat zuvor (am 15. bzw. am 18. Mai) gemacht hatte, zwei
neue Plutomonde. Der innere der beiden wurde nach Nyx (griechisch für "Nacht"), der Mutter Charons,
der Göttin der Nacht, benannt. Um eine Verwechslung mit dem Planetoiden Nyx zu vermeiden, bekam er
den Namen aber in der spanischen Form Nix. Der äußere der beiden wurde nach der Hydra (griechisch für
"Wasserschlange"), einem neunköpfigen Seeungeheuer, das die Unterwelt bewachte, benannt. Nix trägt
heute die Bezeichnung (134340) Pluto II und Hydra (134340) Pluto III.
 
 


 
 
 

Am 19. Januar 2006 wurde eine Sonde namens New Horizons auf den Weg zum Plutosystem gebracht, um
es am 14. Juli 2015 zu passieren und dadurch zu erforschen. Da diese Mission schon durch reiskorngroße
Materieteilchen hätte gefährdet werden können, die bei Meteoriteneinschlägen auf kleine Plutomonde
entstanden sein können, machte sich das Hubble Space Telescope Pluto Companion Search Team
auf die Suche nach Plutoringen und kleinen Plutomonden, wobei es sich des Weltraumteleskops
bediente. Im Sommer 2011 entdeckte das Team auf Aufnahmen, die Hubble auf der Suche nach
Plutoringen kurz zuvor gemacht hatte, einen vierten Plutomond, und am 7. Juli 2012, genau 34 Jahre
nach der Bekanntgabe der Entdeckung Charons, entdeckte der Teamleiter Dr. Mark Showalter
– er hatte 1990 bereits den Saturnmond Pan entdeckt – auf Aufnahmen, die Hubble auf der Suche
nach kleinen Plutomonden und nach Plutoringen kurz zuvor gemacht hatte, einen fünften Plutomond.
 
 

Für die Namensgebung dieser beiden Monde rief Showalter eine Internetabstimmung ins Leben,
auf deren Grundlage sie die Namen Kerberos und Styx bekamen. Kerberos (griechisch für
"Dämon der Grube"), ein Ungeheuer, war ein dreiköpfiger Höllenhund, der den Eingang zur
Unterwelt bewachte, und ein Bruder der Hydra; Styx (griechisch poetisch für
"die Verabscheute"), eine Okeanide (Wassernymphe), war eine Göttin, die über
den gleichnamigen Unterweltfluss herrschte. Um eine Verwechslung mit dem
Planetoiden Cerberus zu vermeiden, bekam jener Mond den Namen nicht
wie üblich in der latinisierten, sondern in der griechischen Form.
Kerberos
erhielt die Bezeichnung (134340) Pluto IV
und Styx (134340) Pluto V.
 
 
 
 
 
 
 


 
 
 
 
 
 
 

Der größte der kleinen Plutomonde ist Hydra mit einem Durchmesser von ca. 65 km x 45 km x 25 km
(im Mittel ca. 42 km), das ist etwa ein Neunundzwanzigstel des Durchmessers von Charon. Nix ist
nur wenig kleiner, ihr Durchmesser beträgt ca. 50 km x 35 km x 33 km (im Mittel ca. 39 km).
Der kleinste bekannte Plutomond ist Styx mit einem Durchmesser von
ca. 16 km x 9 km x 8 km (im Mittel ca. 10 km).
 
 

Die Oberflächen aller vier äußeren Plutomonde reflektieren mehr als die Hälfte des
senkrecht einfallenden Sonnenlichts und haben somit eine höhere geometrische
Albedo (Reflexionsvermögen) als Charon. Während jene von Styx bei 0,65
und jene von Nix und von Kerberos bei 0,56 liegen, reflektiert Hydras
Oberfläche sogar etwa 83 % des senkrecht einfallenden Sonnenlichts.
 
 
 
 

Nix (li., in verbesserter Farbqualität) und Hydra.
Aufnahmen der Raumsonde New Horizons vom 14. Juli 2015
aus einer Entfernung von ca. 165000 Kilometern (Nix) bzw.
ca. 231000 Kilometern (Hydra). Auffällig ist der rötliche
Bereich auf Nix, der noch zu erforschen ist.
 
 
 
 
 
 
 

Die großen Bahnhalbachsen der kleinen Plutomonde liegen zwischen 36 und 54 Plutoradien,
ihre Umlaufzeiten betragen mithin zwischen 20 und 38 Tagen. Das Besondere daran ist, dass
sie zu Charon sogenannte Beinaheresonanzen aufweisen, d. h., ihre Umlaufzeiten liegen nahe
ganzzahligen Vielfachen der Umlaufzeit von Charon bzw. die Verhältnisse ihrer Umlaufzeiten
zu der von Charon liegen nahe ganzen Zahlen, nämlich für Styx bei 3,16, für Nix bei 3,89,
für Kerberos bei 5,04 und für Hydra bei 5,98, das ist zusammengefasst annähernd
1 : 3 : 4 : 5 : 6. Diese Beinaheresonanzen sind wahrscheinlich kein Zufall. Vermutlich
hat sich das System einst im Zustand einer echten Resonanz befunden, bis die
Umlaufzeitverhältnisse nicht mehr stabil bleiben konnten. Heute befinden sich
noch Styx, Nix und Hydra in einer Dreikörperresonanz,
und zwar im Verhältnis 11 : 9 : 6.
 
 
 
 
 
 
 


 

Bilder von Styx, Nix, Kerberos und Hydra in akuell verfügbarer höchster Auflösung
 
 
 
 
 
 
 

Zumindest Nix und Hydra weisen eine chaotische Rotation (Drehung um sich selbst) auf,
d. h., die Ausrichtungen ihrer Rotationsachsen im Raum sind vollkommen unvorhersagbar.
Doppelplaneten versetzen nämlich weitere, nicht kugelförmige Monde sehr leicht
in chaotische Rotation.
 
 
 
 
 
 
 


 

A: Schwarzweißaufnahme von Nix, B: in verbesserter Farbqualität,
C: Bild A koloriert mithilfe der Farbinformationen aus Bild B
 
 
 
 
 

Animation des Plutosystems (1,6 MB)
 
 
 
 
 

Die kleinen Plutomonde liegen in annähernd derselben Umlaufbahnebene wie Charon.
Das deutet darauf hin, dass sie wahrscheinlich durch eine Kollision zwischen Pluto
und Charon entstanden sind, und zwar vor ungefähr 4,6 Milliarden Jahren. Dabei
wurde Material in Plutoumlaufbahnen geschleudert, die annähernd in einer Ebene
lagen. Dieses Material verdichtete sich dann zu den kleinen Monden.
 
 
 
 
 
 
 

Die kleinen Plutomonde in Kürze


MOND Bezeichnung Entdeckungsjahr Entdecker Durch-
messer
Rang Große
Bahn-
halbachse
Umlauf-
zeit
Styx (134340) Pluto V 2012 Mark Showalter // Hubble 16 km x 9 km x 8 km 2. 42656 km =
ca. 36 Plutoradien
20,16 Tage
Nix (134340) Pluto II 2005
(nachgewiesen 2006)
Max Mutchler // Hubble 50 km x 35 km x 33 km 3. 48694 km =
ca. 41 Plutoradien
24,85 Tage
Kerberos (134340) Pluto IV 2011 HST Pluto Companion Search Team // Hubble 19 km x 10 km x 9 km 4. 57783 km =
ca. 49 Plutoradien
32,17 Tage
Hydra (134340) Pluto III 2005
(nachgewiesen 2006)
Max Mutchler // Hubble 65 km x 45 km x 25 km 5. 64738 km =
ca. 54 Plutoradien
38,20 Tage

 

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Dies waren die beeindruckenden kleinen Plutomonde.
Als nächstes erwartet Euch hier ein neuer Saturnmond. Seid gespannt auf
 

Aegaeon



 
 

Hauptquellen:
- Durchmesser und Albedos: Harold A. Weaver u. a.: "The small satellites of Pluto as observed by New Horizons",
- Science 351 (2016), Nr. 6279 (18. März), aae0030
- Bahndaten: Mark R. Showalter und Douglas P. Hamilton: "Resonant interactions and chaotic rotation
- of Pluto's small moons", Nature 522 (2015), Nr. 7554 (4. Juni), S. 45-49