P H O E B E
Aufnahme durch die Raumsonde Voyager 2, 1981
Im März 1899 legte Prof. William H. Pickering zwei Fotoplatten,
die Dr. DeLisle Stewart
auf der Suche nach lichtschwachen äußeren Saturnmonden am
16. bzw. 18. August 1898
jeweils 120 Minuten lang belichtet hatte, deckungsgleich
übereinander
(Fotoplatten sind
aus Glas und bilden die aufgenommenen Objekte als Negativ ab, daher
sind solche mit
astronomischen Aufnahmen größtenteils durchsichtig) und
fand einen blassgrauen Punkt,
der auf den beiden Platten nicht an der gleichen Stelle war. Er hatte
einen neunten
Saturnmond entdeckt, den ersten Mond, der mit Hilfe der Fotografie
entdeckt
wurde – alle vorherigen Mondentdeckungen waren durch direkte
Beobachtung
geschehen. Die Neuigkeit wurde in einem vom 17. März 1899
datierenden
Telegramm bekanntgegeben. Benannt
wurde er auf Pickerings Vorschlag
hin nach der Titanin Phoebe (vom
griechischen
Wort für "die helle ist"),
der Schwester Saturns, die dem Orakel von Delphi in der Zeit vor
Apollo vorstand. Phoebe erhielt
die Bezeichnung Saturn IX.
Fotosequenz aufgenommen von Voyager 2 am 4.
September 1981
aus 2,2 Millionen Kilometer Entfernung. Oben
ist die normale
Version zu sehen, unten die mit erhöhter
Auflösung.
Phoebe hat einen Durchmesser von
219 km x 217 km x 204 km (im Mittel 213 km).
Sie besteht vermutlich zu mindestens 50 % aus Gestein, der Rest ist
größtenteils Eis. Da
Saturns andere Eismonde nur zu ca. 35 % aus Gestein bestehen, ist Phoebe
insofern
ein Kuckucksei. Phoebe scheint
eine ziemlich flockige,
poröse Oberflächenschicht zu haben.
Mosaik aus zwei Aufnahmen durch die
Raumsonde
Cassini, 2004
Phoebes Oberfläche ist
dunkelgrau
und weist neben Eis und Gestein auch eisenhaltige Minerale,
gebundenes Wasser und eingeschlossenes Kohlendioxid und wahrscheinlich
auch Phyllosilikate,
organische Verbindungen, Nitrile und Cyanide auf. Somit ist Phoebe
in Bezug auf ihre Zusammen-
setzung einer der vielfältigsten Körper im Sonnensystem –
der einzige Körper, von dessen
Zusammensetzung man weiß, dass sie noch vielfältiger ist,
ist die Erde. Phoebes
Oberfläche ist nicht homogen dunkel, sondern weist ein paar
hellere
Flecke
auf, die vielleicht einen höheren Eisanteil anzeigen.
Aufnahme durch die Raumsonde Cassini, 2004
Phoebe ist dicht mit
großen
und kleinen Kratern übersät, wobei sie sowohl schüssel-
als auch
kegelförmige Krater aufweist. Der größte Krater auf
Phoebe,
Jason (siehe Abbildung), hat
einen Durchmesser von 101 Kilometern, also fast der Hälfte des
Phoebedurchmessers, und
seine Wände sind vom Rand bis zum Boden ungefähr 20 Kilometer
lang.
Krater Jason (Aufnahme durch die Raumsonde
Cassini, 2004)
Phoebes große
Bahnhalbachse
beträgt 12929400 km (entsprechend ca. 215 Saturnradien),
ihre Umlaufzeit mithin 550,3 Tage (= 1 Jahr 6 Monate). Im Gegensatz
zu den meisten
Monden dauert bei Phoebe eine
Rotation
(Drehung um sich selbst) nicht genauso
lange wie eine Revolution (Umlauf um den Planeten), sodass sie Saturn
nicht stets
dieselbe Seite zuwendet, sondern ihre Rotationszeit beträgt nur
9 Stunden und
16 Minuten, das ist noch etwas kürzer als Saturns Rotationszeit
(10 Stunden
und 39 Minuten). Phoebes Bahnebene
ist gegenüber der sogenannten
lokalen Laplace-Ebene* (die nur geringfügig von Saturns
Umlaufbahn-
ebene abweicht) um 175,2° geneigt. Somit ist Phoebe
retrograd
(rückläufig), d. h., sie umläuft Saturn entgegen dessen
Umlaufrichtung um die Sonne.
* Jede Umlaufbahn ändert ihre räumliche Ausrichtung im
Laufe
der Zeit. Auch die Ebene,
in der sie sich befindet, ändert ihre Ausrichtung. Die lokale
Laplace-Ebene eines
Mondes ist die mittlere Umlaufbahnebene dieses Mondes.
Aufnahme durch die Raumsonde Cassini, 2004.
Die Schichten von hellem und dunklen Material
in dem
Krater oberhalb der Bildmitte deuten auf eine
dünne
Eisschicht hin, die von Resten des Einschlags
bedeckt ist.
Phoebe ist nicht zusammen mit
dem
Saturn entstanden, sondern war einst ein Planetoid.
Dieser wurde vom Saturn eingefangen und brach vermutlich später
infolge einer Kollision
mit einem Kometen oder einem anderen Planetoiden in Stücke,
wodurch
die Phoebegruppe
entstand. Dabei ist Phoebe das
weitaus größte Bruchstück. Man nimmt an, dass Phoebe
zur Klasse der dunklen kohlenstoffhaltigen Planetoiden gehörte,
die aufgrund ihrer geringen
Größe im Laufe ihrer Geschichte nie eine Temperatur von
mehr als 50 °C erreichten und
die daher noch heute ihre ursprüngliche sehr primitive chemische
Zusammensetzung aus
Feststoffen haben, die vermutlich in der Frühzeit des
Sonnensystems
entstanden sind.
Auf jeden Fall ist Phoebe mit
einer
mindestens vier Milliarden Jahre alten Oberfläche
ein perfekt erhaltenes Überbleibsel aus jener Zeit, das einst
um die junge Sonne lief.
PHOEBE in Kürze
Bezeichnung | Saturn IX |
Entdeckungsjahr | 1899 |
Entdecker | William H. Pickering // DeLisle Stewart |
Durchmesser | 219 km x 217 km x 204 km |
Große Bahnhalbachse | 12929400
km = ca. 215 Saturnradien |
Umlaufzeit | 550,3 Tage (retrograd) |
Inklination | 175,2° |
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Dies war die beeindruckende Phoebe.
Als nächstes erwarten Euch hier
gleich zehn kleinere Uranusmonde. Seid gespannt auf
Francisco, Caliban, Stephano, S/2023 U 1,
Trinculo,
Sycorax,
Margaret, Prospero, Setebos und Ferdinand
3-D-Aufnahme. Zur stereoskopischen
Betrachtung
wird eine Rot-Blau-Brille
benötigt (beim Optiker erhältlich),
rotes Glas links, blaues rechts.
Hauptquellen: - Entdeckung: Harvard College Observatory Bulletin 49 (1899) - Durchmesser: Tilmann Denk u. a.: "The Irregular Satellites of Saturn", in: Paul M. Schenk u. a. (Hg.): - "Enceladus and the Icy Moons of Saturn", Space Science Series, The University of Arizona Press, - Tucson 2018, S. 409–434 - Mittel: Peter C. Thomas, Matthew S. Tiscareno und Paul Helfenstein: - "The Inner Small Satellites of Saturn and Hyperion", ebenda, S. 387–408 - Bahndaten: Robert A. Jacobson: "The Orbits of the Major Saturnian Satellites, the Trajectories - of Spacecraft at Saturn, the Gravity Field of the Saturnian System, and the Orientation of - Saturn's Pole ", 2021 |