D I O N E ,
HELENE & POLYDEUCES
Nachdem Jean-Dominique Cassini 1671 und 1672 mit Iapetus und Rhea einen
zweiten und
einen dritten Saturnmond entdeckt hatte, deutete er die sich somit
ergebende Zahl 14 der die
Sonne umlaufenden Himmelkörper als Verherrlichung des Sonnenkönigs
Ludwig XIV. Wie
man heute vermutet, verschwieg Cassini aus Verehrung für seinen
königlichen Arbeitgeber
lange Zeit die Entdeckung zweier weiterer Saturnmonde, die er erst
am 21. März 1684
bekanntgab. Danach wurde über hundert Jahre lang kein weiterer
Saturnmond entdeckt.
Die beiden Monde sind benachbart, fast gleich groß und weisen
außerdem, wie wir
noch sehen werden, dieselbe Besonderheit auf. Hier wollen wir uns mit
dem äußeren
dieser beiden "Zwillingsmonde" beschäftigen, der nach der Titanin
Dione
(griechisch
für "göttliche Königin"), der Schwester Saturns, benannt
wurde. Als viertinnerster
der großen Saturnmonde erhielt Dione die
Bezeichnung Saturn IV.
Dione hat einen Durchmesser von 1118 km.
Sie besteht größtenteils aus Eis, ähnlich wie
Tethys und Rhea,
besitzt aber wahrscheinlich einen Kern aus Silikatgestein, der etwa
ein Drittel ihrer Masse ausmacht. Diones
Eiskruste ist dünner als die von Tethys und
Rhea, ansonsten aber ähnelt Dione Rhea
sehr: beide sind ähnlich aufgebaut, beide
besitzen Helligkeitsmerkmale, beide weisen Hemisphären (Halbkugeln)
mit
unterschiedlichen Geländeformen auf.
Dione, führende Hemisphäre
Diones führende (in Umlaufrichtung
zeigende) Hemisphäre ist wie die Oberfläche von Tethys kontrastarm
und größtenteils stark verkratert (siehe Abbildung oben),
wobei die Krater dort wie auf Kallisto wesentlich
flacher als diejenigen auf Luna sind. Diones
nachfolgende (in Gegenrichtung zeigende) Hemisphäre weist
hingegen weitgehend strahlenförmig angeordnete helle Streifen
auf einem dunkleren Hintergrund auf,
die wenige sichtbare Krater überziehen, darunter auch Diones
größten Krater mit einem
Durchmesser von 231 Kilometern (siehe Abbildung unten). Interessanterweise
befinden
sich die kraterreichen Ebenen allerdings vor allem auf der nachfolgenden
und
die kraterärmeren auf der führenden Hemisphäre.
Dione, nachfolgende Hemisphäre
Wie erklärt sich das alles? Ein Mond mit fester Ausrichtung erfährt
auf seiner führenden Hemisphäre
mehr Meteoriteneinschläge als auf seiner nachfolgenden. Dies legt
nahe, dass Dione während der Zeit
des starken Meteoritenbombardements umgedreht ausgerichtet war.
Das ist nicht abwegig, denn
bereits ein Einschlag, der einen Krater von 35 km Durchmesser verursachte,
kann Dione in
Drehung versetzt haben. Da es auf Dione
viele Krater von mindestens dieser Größe gibt,
kann Dione sogar wiederholt in Drehung
versetzt worden sein. Ihre heutige Ausrichtung
besteht wahrscheinlich schon seit mehreren Milliarden Jahren.
Dione. Mosaik aus Falschfarbenaufnahmen durch
die Raumsonde Cassini am 11. Oktober 2005.
Die Farben unterscheiden sich von den natürlichen
nur unwesentlich.
Korrekte englische Aussprache von "Dione"
(15 KB)
Dione (links) und Tethys.
Aufnahme durch die Raumsonde Cassini am 7. März
2005.
Diones ursprüngliche innere Aktivität
(Eisvulkanismus?) dauerte länger an. Sie erneuerte offenbar einen
Großteil von Diones Oberfläche,
indem sich wahrscheinlich dioneweit Risse in der Eiskruste bildeten,
aus denen Wasserdampf (oder ein anderes Material) eruptierte, der anschließend
kondensierte
und als Schnee (oder Asche) auf die Oberfläche zurückfiel,
sodaaa die hellen Streifen entstanden.
Dass diese heute nur noch auf der nachfolgenden Hemisphäre vorhanden
sind, kommt offenbar
daher, dass nach dem Ende der oberflächenerneuernden inneren Aktivität
zahlreiche
Mikrometeoriten vor allem auf die führende Hemisphäre einschlugen
und die
dortigen Streifen auslöschten; außerdem erhöhten sie
die Albedo
(Reflexionsvermögen) der führenden Hemisphäre.
Dione und oben rechts Enceladus. Aufnahme durch
die Raumsonde Cassini
vom 16. Juni 2015 aus einer Entfernung von ca.
77000 Kilometern.
Aufnahme durch die Raumsonde Cassini vom 16. Juni
2015 während
eines Vorbeiflugs, der sie in nur 516 Kilometer
Nähe zu Dione führte.
Helene – Aufnahme von Voyager 2 am 25. August
1981
Am 1. März 1980 wurde von Pierre Laques und Jean Lecacheux ein
kleiner Saturnmond entdeckt,
der nach Helene (griechisch für "die
Leuchtende, die Strahlende"), der Tochter von Leda und Jupiter,
benannt wurde. Helene galt als
die schönste Frau der Welt. Sie wurde von Paris geraubt, was
den Trojanischen Krieg auslöste. Helene
erhielt die Bezeichnung Saturn XII.
Aufnahme von der Raumsonde Cassini am 18.
Juni 2011
Helene hat einen Durchmesser von
ca. 35 km x 32 km x 30 km
(im Mittel ca. 32 km).
Aufnahme von der Raumsonde Cassini am 18. Juni
2011
Im Herbst 2004 wurde von Prof. Dr. Carl D. Murray vom Cassini Imaging
Science Team auf Teleobjektivaufnahmen,
die die Sonde Cassini am 21. Oktober 2004 gemacht hatte, ein noch viel
kleinerer Saturnmond entdeckt, der nach dem
Dioskur Polydeuces (vom griechischen
Wort für "der Vielbesorgte"), dem Sohn von Leda und Jupiter und Zwillings-
bruder Helenes, benannt wurde.
Polydeuces
hatte einen Zwillingshalbbruder namens Castor, der im Gegensatz zu
Polydeuces sterblich war. Als Castor
im Sterben lag, bat Polydeuces Jupiter,
mit seinem geliebten Bruder
sterben zu dürfen. Daraufhin stellte Jupiter ihn vor die Wahl,
entweder auf dem Olymp zu wohnen oder
seine Unsterblichkeit mit seinem Bruder zu teilen, d. h., die Hälfte
seiner Tage in der Unterwelt
und die andere Hälfte auf dem Olymp zu verbringen. Polydeuces
wählte Letzteres.
Polydeuces erhielt die Bezeichnung
Saturn XXXIV.
Polydeuces hat einen Durchmesser
von nur ca. 3½ km.
Aufnahme durch die Raumsonde Cassini am 22.
Mai 2006
aus einer Entfernung von ca. 73000 Kilometern.
Wie bei dem Mondengespann aus Tethys,
Telesto und Calypso stellte sich heraus, dass Helene
und Polydeuces
nicht nur die gleiche mittlere Entfernung zum Saturn haben wie Dione
– ihre großen Bahnhalbachsen betragen
jeweils 377420 km (entsprechend ca. 6,3 Saturnradien), ihre Umlaufzeiten
mithin jeweils 2,737 Tage –,
sondern auch koorbital mit ihr sind, d. h., alle drei Monde teilen
sich eine Umlaufbahn. Dabei bleibt
der Abstand zwischen den drei Monden immer ungefähr gleich groß:
im Mittel läuft Helene
etwa 60° vor Dione und Polydeuces
etwa 60° hinter ihr, sodass sie zusammen mit
Saturn zwei gleichseitige Dreiecke bilden.
Der Mathematiker Joseph-Louis Comte de Lagrange zeigte einst, dass drei
Körper an den Eckpunkten eines
gleichseitigen Dreiecks liegen können, das in seiner Ebene rotiert.
Falls einer dieser Körper besonders
massereich verglichen mit den beiden anderen ist, dann ist diese dreieckige
Anordnung offenbar stabil.
In einem System aus einem Planeten (1. Masse) und einem größeren
Mond (2. Masse) werden Punkte,
in denen ein Gleichgewicht herrscht, Lagrangepunkte (oder auch Librationspunkte)
dieses Mondes
genannt. Neben den auf einer Geraden mit dem Planeten und dem Mond
liegenden Lagrangepunkten
L1, L2 und L3, in denen nur ein labiles
(instabiles) Gleichgewicht herrscht, gibt es
die beiden Punkte,
die mit Planet und Mond ein gleichseitiges Dreieck bilden, sodass in
ihnen ein stabiles Gleichgewicht
herrscht: den mit L4 bezeichneten führenden und den
mit L5 bezeichneten nachfolgenden
Lagrangepunkt. Körper in der Nähe eines dieser beiden Punkte
werden auch als
Trojaner bezeichnet. Helene und
Polydeuces
sind also Diones Trojaner.
Allerdings ist der Abstand zwischen Dione
und ihren beiden Trojanern nicht konstant
jeweils 60°, sondern Helene
und Polydeuces wandern im Laufe der
Zeit um ihren
jeweiligen Lagrangepunkt: der Abstand zwischen Dione
und Helene schwankt
zwischen ca. 47 und ca. 77 Grad, jener zwischen Dione
und Polydeuces
sogar zwischen ca. 39 und ca. 92 Grad.
DIONE in Kürze
Bezeichnung | Saturn IV |
Entdeckungsjahr | Spätestens 1684 |
Entdecker | Jean-Dominique Cassini |
Durchmesser | 1118 km |
Rang | 18. |
Große Bahnhalbachse | 377420
km =
ca. 6,3 Saturnradien |
Umlaufzeit | 2,737 Tage |
Besonderheit | Wird
von zwei Trojanern
begleitet |
HELENE in Kürze
Bezeichnung | Saturn XII |
Entdeckungsjahr | 1980 |
Entdecker | Pierre
Laques /
Jean Lecacheux |
Durchmesser | Ca. 35 km x 32 km x 30 km |
Rang | 19. |
Große Bahnhalbachse | 377420
km =
ca. 6,3 Saturnradien |
Umlaufzeit | 2,737 Tage |
Besonderheit | Koorbital
mit Dione
(führender Trojaner) |
POLYDEUCES in Kürze
Bezeichnung | Saturn XXXIV |
Entdeckungsjahr | 2004 |
Entdecker | Carl D. Murray // Cassini |
Durchmesser | Ca. 3,5 km |
Rang | 20. |
Große Bahnhalbachse | 377420
km =
ca. 6,3 Saturnradien |
Umlaufzeit | 2,737 Tage |
Besonderheit | Koorbital
mit Dione
(nachfolgender Trojaner) |
Tethys/Telesto/Calypso
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Rhea
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Helene & Polydeuces. Als nächstes
erwartet Euch
hier ein
weiterer Uranusmond. Seid gespannt auf
M i r a n d a
Dione mit der vorüberziehenden Rhea.
Aufnahme durch die Raumsonde Cassini am 11.
April 2015
aus einer Entfernung von ca. 110000 Kilometern.
Hauptquellen:
Dione:
Helene:
Polydeuces:
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